Der 80. Geburtstag wird heute häufig erreicht.
Er ist dennoch etwas besonderes.
Dankbarkeit, zufriedene Rückschau, Freude an den Möglichkeiten, die das Leben immer noch bietet, sind vorhanden. All diese Gefühle versuchte ich in diesem ersten Geburtstagsgedicht auszudrücken.
80 Jahre hier auf Erden
möchte mancher von uns werden.
Du hast dieses Ziel erreicht –
sicher war’s nicht immer leicht.
Krieg und Aufbau, Leid und Glück,
zeigen sich beim Blick zurück.
Doch was ist Vergangenheit
andres als gelebte Zeit?
Hier, bei dir, pulsiert das Leben!
Bist von Kindern heut umgeben,
die das Leben weitertragen
und sich an die Zukunft wagen.
Du schaust stillvergnügt aufs Jetzt,
das man häufig unterschätzt,
und in diesem Augenblick
liegt dein ganzes Lebensglück.
©Renate Eggert-Schwarten
Die Urheberin des nächsten Geburtstagsgedichts lag für mich Lange im Dunkeln. Als mögliche Autoren wurden häufig Wilhelm Busch und Theodor Fontane angegeben. Dies
ist jedoch falsch. Das Gedicht, passend zum 70. ,80. und 90. Geburtstag, ist von Alice
Lindel, wie mir eine Nichte mitteilte.
Altersballade
Das große Glück, noch klein zu sein,
sieht meist der Mensch als Kind nicht ein,
und möchte, dass er ungefähr
so 16 oder 17 wär.
Doch schon mit 18 denkt er: Halt!
Wer über 20 ist, ist alt.
Kaum ist die 20 knapp geschafft,
erscheint die 30 greisenhaft.
Und gar die 40, welche Wende,
die 50 gilt beinah als Ende.
Doch nach der 50 peu à peu
schraubt man das Ende in die Höh.
Die 60 scheint noch recht passabel
und erst die 70 miserabel.
Mit 70 aber hofft man still:
Ich werde 80, so Gott will.
Und wer die 80 überlebt,
zielsicher nach der 90 strebt,
dort angelangt, zählt man geschwind
die Leute, die noch älter sind.
Alice Lindel
Vor einigen Jahren hatte ich ein Erlebnis mit einer alten Dame. Sie war schon sehr betagt und recht gebrechlich und deshalb auch manchmal etwas abwesend. Mit einem
Mal schaute sie mich jedoch völlig klar an und sagte ganz verblüfft: „Wieso bin ich schon so alt? Neulich bin ich doch noch ein junges Ding gewesen!“
Bei der Erinnerung an die verwunderte, alte Dame kam mir dieses Gedicht zum 80. Geburtstag in den Sinn:
Die kleine Null
Die kleine Null, sie kann so viel,
sie treibt mit Zahlen gern ihr Spiel..
Grad denkst Du noch, Du bist nun acht
zur Schule hast Du es gebracht,
und freust Dich auf den Pausenhof
und nennst die kleine Inge doof
und lernst das Lesen und das Schreiben
und wirst zu Ostern sitzenbleiben
und spielst mit Deinen Kameraden
und gehst im Sommer mit zum Baden
und ärgerst Heinz von nebenan,
weil der nicht wie du Handstand kann
und machst die Schularbeiten selten,
weil unter Freunden die nichts gelten....
da kommt die Null leis’ über Nacht
und setzt sich hinter Deine Acht...
Und plötzlich heißt es: Du wirst 80!
Das ist ein Schock. Und keiner macht sich
so recht Gedanken und legt klar,
dass daran nur die Null Schuld war.
Sie lag Jahrzehnte auf der Lauer,
rührte sich nicht, doch wurde schlauer,
betrachtete das Weltgeschehen
und ließ sich nur höchst selten sehen.
Du nahmst sie deshalb nicht für voll,
was sich nun heute rächen soll.
Da klebt sie jetzt an Deiner Acht,
hat sich ganz heimlich rangemacht
und ist nicht mehr von ihr zu lösen,
im Guten nicht und nicht im Bösen.
Dir bleibt nichts andres übrig nun
mit dieser kleinen Null zu tun,
als Deine Achtung zu bezeugen –
und Dich vor ihrer Kraft zu beugen.
©Renate Eggert-Schwarten
Gedichte sind Geschenke,
sie fallen Vers für Vers,
grad wenn ich nicht dran denke,
durch meinen Kopf ins Herz.
Nicht ich hab sie geschaffen,
sie waren immer schon,
sie haben nur geschlafen
im großen Wörterstrom.
Ich hebe sie hervor
und lausche ihrem Singen
mit aufmerksamem Ohr,
bis Verse dann erklingen.
Was unter meinen Händen
so Stück für Stück entsteht,
das will ich weitersenden,
damit es Freude sät.
Ich will es nicht behalten,
es ist mein eigen nicht,
ich will es nur entfalten,
dieses Geschenk, Gedicht.
©Renate Eggert-Schwarten