Leben heißt Erfahrungen machen und über diese nachzudenken.
Werden wir mit fortschreitender Lebensdauer klüger? Mir scheint es oft, dass sich mit jedem Lebensjahr mehr Fragen auftun.
Anders
Nichts ist wie man glaubt.
Alt heißt nicht verstaubt,
jung nicht zwingend schön,
Abschied nicht Vergeh’n.
Zweisamkeit nicht Glück,
Halt heißt nicht zurück.
Nein ist noch kein Nie,
ja sagt dir nicht wie.
Dinge scheinen schlicht,
sind es aber nicht,
Wunder – ganz unmöglich –
ereignen sich fast täglich.
Wer glaubt zu verstehen,
wird Verwirrung säen.
Manche Antwort zeigt
sich nur dem, der schweigt.
©Renate Eggert-Schwarten
Im Zweifelsfall
Kein Land in Sicht. Der Horizont
ist leer, wohin du blickst.
Festland scheint fern, es lohnt sich nicht,
dass du die Taube schickst.
Die Segel setzen. Doch wohin?
Der Kurs ist ungeklärt,
der Wind ist eingeschlafen,
solang der Zweifel währt.
Such deinen Stern und peil ihn an,
er zeigt dir nicht das Ziel,
er zeigt dir nur, wo du jetzt bist,
und das ist doch schon viel.
©Renate Eggert-Schwarten
Schwarzweiß
So ist es nun einmal:
das Leben ist dual.
Wer kalten Kaffee kriegt, der weiß,
er mag den Kaffee lieber heiß.
Wenn wir das Hässliche erspäh‘n,
erscheint Normales plötzlich schön.
Erst in der Wüste merke ich:
auch Regen hat etwas für sich.
Und welchen Schluss zieht man nunmehr?
Kein Ding kommt ganz allein daher.
Ihm folgt – das hat Methode –
sogleich sein Antipode.
Wodurch ein Urteil einfach wird,
auch wenn man sich dabei oft irrt…
©Renate Eggert-Schwarten
Wenn wir uns allzu viele Sorgen machen, dann kann das Zur-Ruhe-Kommen schwierig werden. Das nächste Gedicht schildert meine Erfahrung mit Meditation/Kontemplation.
Von den Worten
Mein Kopf ist voll von Worten,
sie geistern hin und her
und sammeln sich an Orten,
wo’s gar nicht nötig wär’.
Sie rotten sich zusammen
und halten ihren Plausch.
Oft steht mein Hirn in Flammen
durch diesen Wörterrausch.
Schick’ ich sie raus,
dann kommen sie durchs Hintertor zurück.
Jetzt blende ich sie einfach aus,
versuche so mein Glück.
Ich hör’ nicht zu, will auch nichts wissen
und frag’ nicht nach dem Sinn.
Ich sitz’ nur still auf meinem Kissen
und freu’ mich, dass ich bin.
©Renate Eggert-Schwarten
Gedichte sind Geschenke,
sie fallen Vers für Vers,
grad wenn ich nicht dran denke,
durch meinen Kopf ins Herz.
Nicht ich hab sie geschaffen,
sie waren immer schon,
sie haben nur geschlafen
im großen Wörterstrom.
Ich hebe sie hervor
und lausche ihrem Singen
mit aufmerksamem Ohr,
bis Verse dann erklingen.
Was unter meinen Händen
so Stück für Stück entsteht,
das will ich weitersenden,
damit es Freude sät.
Ich will es nicht behalten,
es ist mein eigen nicht,
ich will es nur entfalten,
dieses Geschenk, Gedicht.
©Renate Eggert-Schwarten